Ausserdem ist vor 3 Wochen auch noch mein Laptop kaputt gegangen, was es ein bisschen schwierig macht ins Internet zu kommen, weil meine Gastfamilie eigentlich immer am Familienrechner sitzt. Deswegen schreib ich euch jetzt aus einem unglaublich winzigen und mit Menschen und Computern vollgestopften Internetcafe gegenueber vom Guay, was aber eigentlich ganz cool ist, so kommt richtiges Perufeeling auf:)
Der letzte Monat war ziemlich anstrengend, wir sind mittlerweile voll und ganz in die Arbeit integriert und muessen jede Menge Aufgaben uebernehmen, vor denen wir uns vorher wegen unserer mangelnden Spanischkenntnisse druecken konnten:) So moderiert der eine bei unserem monatlichen Jugendevent "AL LIMITE" (= Am Limit), der andere wurde gefragt ob der nicht die Hauptleitung vom Musikteam uebernehmen will und in den letzten Wochen kam es auch immer mal wieder vor, dass wir die Kinder und Jugendgruppen in Indendencia alleine schmeissen mussten, weil die Hauptverantwortlichen krank oder nicht da waren. Im Allgemeinen, sind wir ziemlich ausgelastet mit Arbeit und mussten uns erstmal daran gewoehnen auch den ganzen Samstag zu arbeiten und somit nur einen Tag richtig Wochenende zu haben. Ich merke auch langsam, wie es mir ein bisschen zu schaffen macht, dass ich hier viel weniger schlafe als in Deutschland, weil wir meistens sehr spaet nach hause kommen und ausserdem der Laermpegel in peruanische Familien auch nachts wesentlich hoeher liegt als daheim in Deutschland.
Dazu kommt noch, dass der ganze November vollgestopft war mit Kinder und Jugendgruppen-Uebernachtungen und Sonderevents, sodass manchmal nicht mal der Sonntag freigeblieben ist.
Auch wenn das alles total Spass macht sind die meisten von uns ziemlich an unsere Grenzen gestossen, was in den letzten Wochen immer mal wieder zu ein paar kleinen Krisen und Kulturschock-anfluegen gefuehrt hat. Aber jetzt im Dezember wird alles wieder ein bisschen ruhiger und ich persoenlich hab den letzten Monat auch gelernt, mal nein zu sagen und mir die Zeit zu nehmen um mich mal zurueckzuziehen, zu lesen, einfach mal frueher schlafen zu gehen und vor allem nachts Oropax reinzutun:)
Ausserdem gibt es auch immer mal wieder Moeglichkeiten dem Alltag und der Arbeit zu entfliehen, am 10. November zum Beispiel war Hillsong United hier in Lima und wir waren natuerlich alle auf dem Konzert. Diese coole Band, 2000 singende und tanzende Menschen und ein unglaublich cooles Bergpanaorma um uns herum, das war schon echt beeindruckend und total schoen. Auch haben wir jetzt eine total schoene kleine Gemeinde relativ in der Naehe vom Guay gefunden, wo wir jetzt immer Sonntag abends hingehen und wo der Gottesdienst auf Englisch und Spanisch gehalten wird. An den freien Abenden (also Samstags, wenn Sonntags keine Extraevents waren;) waren wir immer mal wieder auf Geburtstagsfeiern von Peruanern oder uns Volontaeren und erst letztens, waren wir in einem total coolen Club, in dem die ganze Zeit Salsa, Cumbia und Reggaeton gelaufen ist und haben die ganze Nacht getanzt.
Noch ein weiteres cooles Ereignis ist, dass die Annika seit nun gut einer Woche hier "zu Besuch" ist. Sie war hier im Jahr 2003-2004 Volontaerin und schreibt jetzt ihre Diplomarbeit ueber die Entwicklung in Independencia. Deswegen ist sie jetzt fuer einen Monat hier um Material zu sammeln und Gespraeche zu fuehren und nebenbei gammeln wir hin und wieder im Guay zusammen rum, quatschen und basteln Fenstersterne fuer Al Limite, das ist fast wie frueher als wir noch zusammen in Wuerzburg Jugendgruppe gemacht haben:)
Insgesamt macht es richtig Spass immer mehr hier in diese Chaoskultur reinzufinden, wir haben viele peruanische Freunde aus dem Guay mit denen wir uns auch nach und nach immer besser unterhalten koennen, weil Schritt fuer Schritt unser Spanisch immer besser wird. Man hat sich langsam daran gewoent, dass sowohl die Busse als auch die Klamotten kleiner sind als in Deutschland, also falls ihr mal nach Perú fahren wollt, beim Aussteigen Kopf einziehen und beim Shoppen nicht verzweifeln, wenn auch L zu klein ist und wenn man unglaeubig angeschaut wird, nur weil man Schuhgroesse 39 hat:)
Aber auch meine Arbeit macht mir immer mehr Spass, weil ich immer mehr auch mit eingebunden werde und mir nicht mehr so sinnlos vorkomme wie am Anfang. Gerade fuer die Arbeit in Independencia schlaegt mein Herz besonders, auch wenn das die anstrengendste ist und ich mich jeden Samstagmorgen wieder neu motivieren muss um 6.30 Uhr aufzustehen und die eine Stunde mit dem Bus in dieses nach Urin und Abfall stinkende Viertel zu fahren. Aber immer wenn ich dann da bin und merke wie sehr unsere Arbeit dort gebraucht wird, bin ich immer total gluecklich dort zu sein. Auch wenn ich mich manchmal frage wie man diesen Teufelskreis aus familiaerer Gewalt, fehlender Perspektive und mangelnder Bildung unterbrechen kann und man einfach nich weiss wo man anfangen soll, weil man als Volontaer in einem Jahr auch nicht so viel aendern kann. Aber man lernt echt sehr viel ueber die Kultur und Menschen dort und auch ueber sich selbst. Vor allem was meine Ansprueche an Bildung und Komfort angeht, ist mir echt klargeworden in was fuer einer reichen kleinen Oase wir in Deutschland leben. Letzte Woche haben wir in unserer Frauengruppe einen Evaluationsbogen mitgebracht, um rauszufinden, was am Programm verbessert werden kann und die Frauen haben 1,5 Stunden fuer 8 Fragen gebraucht, weil viele von ihnen gar nicht oder nur sehr schlecht lesen oder schreiben koennen. Das hat mich echt umgehauen, vor allem als dann eine 18-jaehrige Mama mit ihrem 2,5 Jahre alten Sohn zu mir kam und mich gefragt hat, ob ich den Bogen fuer sie ausfuellen kann weil sie weder lesen und schreiben kann, naja und die ist 2 Jahre juenger als ich, schon krass, dass es sowas im 21. Jahundert noch gibt und das in der Hauptstadt von einem Land, das schon nicht mehr zu den Entwicklungslaendern gehoert...
Ab mitte Dezember hoeren hier vorerst alle Programme auf und es beginnt das Sommerprogramm, bei dem ungefaehr viermal so viele Menschen im Guay sein werden wie im Moment. Es gibt drei verschiedene Orte, wo das Sommerprogramm im Januar und Februar stattfindet (Der Strand "Y-Camp, Independencia und Pueblo Libre) und wir uebriggebliebenen sieben Volontaere werden jeweils einen Monat an einem davon verbringen. Julia und Laura werden anfang Januar nach Trujillo umziehen und bis Juli dort im CVJM arbeiten.
Teresa und mich wird es nach dem Sommerprogramm nach Arequipa verschlagen, eine sehr schoene Stadt im Sueden von Lima, die 2300 Meter ueber dem Meeresspiegel liegt. Ich bin schon ziemlich gespannt wie die Arbeit dort sein wird, auch wenn es wahrscheinlich richtig hart wird noch einmal das zuhause zu wechseln und nochmal ganz von vorne anfangen zu muessen. Aber ein Vorteil am Leben in Arequipa ist, dass die Luft um einiges sauberer ist und eigentlich fast immer die Sonne scheint, ganz zu schweigen von dem unglaublichen Bergpanorama, das uns dort erwartet:)
So das war es erstmal wieder vom anderen Ende der Welt, ich koennte noch 1000 Dinge erzaelen, aber sonst wird das ganze noch laenger als eh schon:) Ich wollte mich noch fuer die ganzen lieben Geburtstagsgruesse bedanken, ich hatte einen wunderschoenen Tag mit Sonne, Strand und vielen netten Menschen, aber die Gruesse aus der Heimat haben das ganze noch viel besser gemacht:)
Ich wuensche euch einen besinnlichen Start in die Weihnachtszeit, auch wenn die Adventszeit ja meistens eher hektisch ist und voller Arbeit. Hier blinkt und singt alles in den Strassen und Supermaerkten und der ganze Weihnachts-Plastik-Kitsch passt irgendwie gar nicht zu den sommerlichen Temperaturen, aber ich bin gespannt auf die mal etwas andere
Weihnachtserfahrung:)
Weihnachtstimmung im Mitarbeitergottesdienst:)
Viele liebe Gruesse und eine grosse Umarmung
que dios los bendiga
eure Sarah