Montag, 23. November 2009

Advent, Advent...ein Lebenszeichen aus dem peruanischen Vorweihnachtschaos:)

Und schon wieder ist ueber ein Monat vorbei seit meinem letzten Blogeintrag! Die Zeit vergeht hier wirklich wahnsinnig schnell, eine Woche nach der anderen rauscht nur so vorbei und bleibt nur relativ wenig Zeit um sich mal zu zurueckzuziehen und alles nochmal zu reflektieren, was man alles so erlebt.

Ausserdem ist vor 3 Wochen auch noch mein Laptop kaputt gegangen, was es ein bisschen schwierig macht ins Internet zu kommen, weil meine Gastfamilie eigentlich immer am Familienrechner sitzt. Deswegen schreib ich euch jetzt aus einem unglaublich winzigen und mit Menschen und Computern vollgestopften Internetcafe gegenueber vom Guay, was aber eigentlich ganz cool ist, so kommt richtiges Perufeeling auf:)


Annika und ich bei der "Campaña de Salud" in Independencia



Der letzte Monat war ziemlich anstrengend, wir sind mittlerweile voll und ganz in die Arbeit integriert und muessen jede Menge Aufgaben uebernehmen, vor denen wir uns vorher wegen unserer mangelnden Spanischkenntnisse druecken konnten:) So moderiert der eine bei unserem monatlichen Jugendevent "AL LIMITE" (= Am Limit), der andere wurde gefragt ob der nicht die Hauptleitung vom Musikteam uebernehmen will und in den letzten Wochen kam es auch immer mal wieder vor, dass wir die Kinder und Jugendgruppen in Indendencia alleine schmeissen mussten, weil die Hauptverantwortlichen krank oder nicht da waren. Im Allgemeinen, sind wir ziemlich ausgelastet mit Arbeit und mussten uns erstmal daran gewoehnen auch den ganzen Samstag zu arbeiten und somit nur einen Tag richtig Wochenende zu haben. Ich merke auch langsam, wie es mir ein bisschen zu schaffen macht, dass ich hier viel weniger schlafe als in Deutschland, weil wir meistens sehr spaet nach hause kommen und ausserdem der Laermpegel in peruanische Familien auch nachts wesentlich hoeher liegt als daheim in Deutschland.

Dazu kommt noch, dass der ganze November vollgestopft war mit Kinder und Jugendgruppen-Uebernachtungen und Sonderevents, sodass manchmal nicht mal der Sonntag freigeblieben ist.

Auch wenn das alles total Spass macht sind die meisten von uns ziemlich an unsere Grenzen gestossen, was in den letzten Wochen immer mal wieder zu ein paar kleinen Krisen und Kulturschock-anfluegen gefuehrt hat. Aber jetzt im Dezember wird alles wieder ein bisschen ruhiger und ich persoenlich hab den letzten Monat auch gelernt, mal nein zu sagen und mir die Zeit zu nehmen um mich mal zurueckzuziehen, zu lesen, einfach mal frueher schlafen zu gehen und vor allem nachts Oropax reinzutun:)

volontaere beim Mitarbeiterwochenende


Ausserdem gibt es auch immer mal wieder Moeglichkeiten dem Alltag und der Arbeit zu entfliehen, am 10. November zum Beispiel war Hillsong United hier in Lima und wir waren natuerlich alle auf dem Konzert. Diese coole Band, 2000 singende und tanzende Menschen und ein unglaublich cooles Bergpanaorma um uns herum, das war schon echt beeindruckend und total schoen. Auch haben wir jetzt eine total schoene kleine Gemeinde relativ in der Naehe vom Guay gefunden, wo wir jetzt immer Sonntag abends hingehen und wo der Gottesdienst auf Englisch und Spanisch gehalten wird. An den freien Abenden (also Samstags, wenn Sonntags keine Extraevents waren;) waren wir immer mal wieder auf Geburtstagsfeiern von Peruanern oder uns Volontaeren und erst letztens, waren wir in einem total coolen Club, in dem die ganze Zeit Salsa, Cumbia und Reggaeton gelaufen ist und haben die ganze Nacht getanzt.
Noch ein weiteres cooles Ereignis ist, dass die Annika seit nun gut einer Woche hier "zu Besuch" ist. Sie war hier im Jahr 2003-2004 Volontaerin und schreibt jetzt ihre Diplomarbeit ueber die Entwicklung in Independencia. Deswegen ist sie jetzt fuer einen Monat hier um Material zu sammeln und Gespraeche zu fuehren und nebenbei gammeln wir hin und wieder im Guay zusammen rum, quatschen und basteln Fenstersterne fuer Al Limite, das ist fast wie frueher als wir noch zusammen in Wuerzburg Jugendgruppe gemacht haben:)


Insgesamt macht es richtig Spass immer mehr hier in diese Chaoskultur reinzufinden, wir haben viele peruanische Freunde aus dem Guay mit denen wir uns auch nach und nach immer besser unterhalten koennen, weil Schritt fuer Schritt unser Spanisch immer besser wird. Man hat sich langsam daran gewoent, dass sowohl die Busse als auch die Klamotten kleiner sind als in Deutschland, also falls ihr mal nach Perú fahren wollt, beim Aussteigen Kopf einziehen und beim Shoppen nicht verzweifeln, wenn auch L zu klein ist und wenn man unglaeubig angeschaut wird, nur weil man Schuhgroesse 39 hat:)


Aber auch meine Arbeit macht mir immer mehr Spass, weil ich immer mehr auch mit eingebunden werde und mir nicht mehr so sinnlos vorkomme wie am Anfang. Gerade fuer die Arbeit in Independencia schlaegt mein Herz besonders, auch wenn das die anstrengendste ist und ich mich jeden Samstagmorgen wieder neu motivieren muss um 6.30 Uhr aufzustehen und die eine Stunde mit dem Bus in dieses nach Urin und Abfall stinkende Viertel zu fahren. Aber immer wenn ich dann da bin und merke wie sehr unsere Arbeit dort gebraucht wird, bin ich immer total gluecklich dort zu sein. Auch wenn ich mich manchmal frage wie man diesen Teufelskreis aus familiaerer Gewalt, fehlender Perspektive und mangelnder Bildung unterbrechen kann und man einfach nich weiss wo man anfangen soll, weil man als Volontaer in einem Jahr auch nicht so viel aendern kann. Aber man lernt echt sehr viel ueber die Kultur und Menschen dort und auch ueber sich selbst. Vor allem was meine Ansprueche an Bildung und Komfort angeht, ist mir echt klargeworden in was fuer einer reichen kleinen Oase wir in Deutschland leben. Letzte Woche haben wir in unserer Frauengruppe einen Evaluationsbogen mitgebracht, um rauszufinden, was am Programm verbessert werden kann und die Frauen haben 1,5 Stunden fuer 8 Fragen gebraucht, weil viele von ihnen gar nicht oder nur sehr schlecht lesen oder schreiben koennen. Das hat mich echt umgehauen, vor allem als dann eine 18-jaehrige Mama mit ihrem 2,5 Jahre alten Sohn zu mir kam und mich gefragt hat, ob ich den Bogen fuer sie ausfuellen kann weil sie weder lesen und schreiben kann, naja und die ist 2 Jahre juenger als ich, schon krass, dass es sowas im 21. Jahundert noch gibt und das in der Hauptstadt von einem Land, das schon nicht mehr zu den Entwicklungslaendern gehoert...


Kinder und Frauen bei einer vom Guay organisierten Demo
in Independencia


Jungs aus meiner Kindergruppe in Independencia




Ab mitte Dezember hoeren hier vorerst alle Programme auf und es beginnt das Sommerprogramm, bei dem ungefaehr viermal so viele Menschen im Guay sein werden wie im Moment. Es gibt drei verschiedene Orte, wo das Sommerprogramm im Januar und Februar stattfindet (Der Strand "Y-Camp, Independencia und Pueblo Libre) und wir uebriggebliebenen sieben Volontaere werden jeweils einen Monat an einem davon verbringen. Julia und Laura werden anfang Januar nach Trujillo umziehen und bis Juli dort im CVJM arbeiten.


Teresa und mich wird es nach dem Sommerprogramm nach Arequipa verschlagen, eine sehr schoene Stadt im Sueden von Lima, die 2300 Meter ueber dem Meeresspiegel liegt. Ich bin schon ziemlich gespannt wie die Arbeit dort sein wird, auch wenn es wahrscheinlich richtig hart wird noch einmal das zuhause zu wechseln und nochmal ganz von vorne anfangen zu muessen. Aber ein Vorteil am Leben in Arequipa ist, dass die Luft um einiges sauberer ist und eigentlich fast immer die Sonne scheint, ganz zu schweigen von dem unglaublichen Bergpanorama, das uns dort erwartet:)



So das war es erstmal wieder vom anderen Ende der Welt, ich koennte noch 1000 Dinge erzaelen, aber sonst wird das ganze noch laenger als eh schon:) Ich wollte mich noch fuer die ganzen lieben Geburtstagsgruesse bedanken, ich hatte einen wunderschoenen Tag mit Sonne, Strand und vielen netten Menschen, aber die Gruesse aus der Heimat haben das ganze noch viel besser gemacht:)

Geburtstag am Strand - mal was Neues:)



Ich wuensche euch einen besinnlichen Start in die Weihnachtszeit, auch wenn die Adventszeit ja meistens eher hektisch ist und voller Arbeit. Hier blinkt und singt alles in den Strassen und Supermaerkten und der ganze Weihnachts-Plastik-Kitsch passt irgendwie gar nicht zu den sommerlichen Temperaturen, aber ich bin gespannt auf die mal etwas andere
Weihnachtserfahrung:)


Weihnachtstimmung im Mitarbeitergottesdienst:)

Viele liebe Gruesse und eine grosse Umarmung

que dios los bendiga

eure Sarah

Montag, 5. Oktober 2009

Das Leben beginnt:)

Nach mittlerweile sechs Wochen Abenteuer Peru, kehrt hier so langsam ein bisschen mehr Alltag ein und ich bin dabei mich in meiner neuen Heimat richtig zuhause zu fühlen. In den letzten Wochen hab ich viel erlebt, ich bin bei meiner Gastfamilie eingezogen, meine Arbeit hat angefangen und ich hatte auch ein bisschen Zeit um mich im bunten Rießenchaos Lima ein bisschen umzuschauen:) Hier nun ein paar Details aus meinem neuen Leben in der stinkenden aber unglaublich faszinierenden Großstadt:

1. Meine Gastfamilie
Ich hab ja das letzte Mal schon ein bisschen geschrieben, wie meine Familie so aussieht, aber jetzt nach dem ersten Monat gemeinsamem Leben, kann ich jetzt auch ein bisschen mehr erzählen. Wir wohnen zu fünft mit drei Katzen (Arslan, Pimienta und Benito:) im Distrikt "Lima". In unserer Nachbarschaft wohnen hauptsächlich Familien aus der Mittelschicht und auch meine Familie gehört zu den Peruanern, denen es finanziell ganz gut geht, was heißt, dass wir meistens:) warmes Wasser, eine Waschmaschine und sogar Internet haben (sofern es gerade mal funktioniert:). Wir wohnen ganz in der Nähe vom CVJM, ich muss nur 10 minuten mit dem bus fahren, das ist ziemlich praktisch. Und ich hab ein kleines, aber sehr süßes Zimmer, in dem immer mindestens eine der drei Katzen ist und meine Unordnung noch unordentlicher macht.
Mein Zimmer
Meine Gasteltern sind beide unglaublich freundlich und verständnisvoll was meine Sprachversuche angeht und auch meine beiden Gastschwestern sind richtig cool. Gestern war der 20. Geburtstag von Adriana, der jüngeren der beiden und um es in einem Wort zu beschreiben meine "Chaosschwester":). Es war richtig cool, wir haben auf unserer Dachterasse gefeiert, es gab unglaublich viel und leckeres Essen und alle haben bis um 5 getanzt (Den Salsa-rhythmus saugen die Leute hier ja quasi mit der Muttermilch auf:)

Mein Gastpapa und ich haben so ziemlich den gleichen Humor, was hier ziemlich untypisch ist, weil Sarkasmus und Ironie hier nur sehr wenig verstanden wird und man damit ganz schnell als unhöflich abgestempelt wird (was für mich eine ziemliche Herausforderung darstellt, wie ihr euch sicher vorstellen könnt:). Auf jeden Fall verstehe wir uns blendend und wenn ich in ein paar Monaten richtig gut Spanisch kann, kriegt er alle fiesen Sprüche zurück, mit denen er mich die ganze Zeit verarscht:) Alles in Allem fühle ich mich in meiner Familie richtig wohl und genieße es wie eine dritte Tochter ("hijita":) behandelt zu werden.
2. Meine Arbeit
Wir Volontäre sind über viele verschiedene Projekten und Gruppen der ACJ (so heißt hier der CVJM) verteilt und arbeiten dort meistens zu zweit oder zu dritt mit noch anderen ehrenamtlichen und hauptamtlichen Mitarbeitern zusammen. Ich arbeite hauptsächlich mit Kindern und noch in einer Frauengruppe in Independencia mit (was ich mir ja sehr gewünscht habe:). Eines der Kinderprogramme ist in einer der Schulen der ACJ, die in einem eher ärmeren Stadtviertel (La Victoria) für nur sehr wenig Geld eine gute Grundschulbildung anbietet. Die Schüler dort sind hauptsächlich Kinder von Arbeitern aus den umliegenden Fabriken und mit denen machen wir dort zwei mal die Woche nachmittags ein Freizeitprogramm, was so eine Mischung aus normaler Jungschar und verschiedenen Projekten ist. Das andere Kinderprogramm ist ein offenes Freizeitprogramm im Haupthaus der ACJ in Pueblo libre, wo immer Freitags von 18°°-19°° Uhr um die 30-40 Kinder kommen, die entweder dort zur Schule gehen, an Sportangeboten teilnehmen oder mit ihren Eltern da sind. Mein dritter Einsatzort, sind die Kindergruppen in Independencia, wo ich Samstags den ganzen Tag von morgens um 8°° bis abends um 20°° Uhr mitarbeite. Das macht mir unglaublichen Spaß, vor allem weil die Kinder alle total cool und lebendig sind und sich immer freuen wenn wir kommen. Und auch mit der Hauptamtlichen mit der ich das zusammen mache (Raquel) verstehe ich mich total gut. Über meine Arbeit werde ich euch aber demnächst noch ein bisschen genauer berichten, vor allem wenn ich dann mal ein paar Fotos davon habe. Im großen und ganzen bin ich sehr zufrieden mit meiner Arbeit, das einzige was mich stört ist, dass ich noch nicht soviel Energie habe, wie ich da eigentlich gerne reinstecken würde, aber ich bin immer total schnell erschöpft, gerade wenn ich in Independencia bin. Aber mir wird hier immer wieder gesagt, dass ich Geduld haben soll und dass das am Anfang allen so geht.
3. Schönes Lima und Umgebung;)
Um ein wenig dem Autolärm und dem Smog Limas zu entfliehen, haben wir im letzte Monat ein paar Ausflüge in die nähere Umgebung gemacht, denn gerade in Pueblo libre und Centro Lima sieht man nur sehr selten blauen Himmel und die Luft macht einem echt zu schaffen. Ein Ausflug ging an den CVJM-Strand ("Y-Camp") und noch zu einem anderen Freizeitgelände der ACJ ("Azpitia"), beide Orte liegen ungefähr 2 Autostunden südlich von Lima entfernt. Es war wunderschön mal wieder richtig frische Luft zu atmen und in der Natur zu sein, das lernt man hier richtig zu schätzen. Und das Wetter war genial, wir haben uns alle am Meer einen Sonnenbrand geholt, obwohl wir in Lima vorher noch richtig winterliche Temperaturen hatten.
Y-Camp
Cafeteria neben dem Freizeitheim in Azpitia
Aber auch innerhalb Limas gibt es ein paar schöne Ecken, man muss nur wissen wo man suchen muss:) So haben mein Gastpapa, meine Gastschwestern und ich letzten Sonntag einen Ausflug zur "Punta" gemacht, ein Stadtteil von Lima, der direkt am Meer liegt und zu dem man von uns aus nur 20 Minuten mit dem Auto hinfährt. Da haben wir dann eine kleine Bootstour bei genialem Wetter gemacht und ich hab das erste Mal in meinem Leben Pelikane in freier Wildbahn gesehen.

Adriana, Dante und ich auf dem Hauptplatz der "Punta"


Pelikane auf der Bootsrundfahrt



4. Leben und Leute

Jetzt wo wir uns auch langsam halbwegs auf Spanisch ausdrücken können, kommen auch immer mehr soziale Kontakte dazu, vor allem Leute aus unseren Arbeitsbereichen, Freunde und Verwandte unserer Gastfamilien und die Leute aus unseren Mitarbeiterkreisen. Hier treffen sich (ähnlich wie bei uns im CVJM-Würzburg) alle haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter einmal wöchentlich zum gemeinsamen Essen, Beten, Quatschen und gemeinsam Zeit verbringen. Alle zwei Wochen treffen sich alle zusammen in der ACJ und sonst in Kleingruppen bei jemandem zuhause. Die gesamte Mitarbeitergemeinschaft nennt sich "Juan 17" nach dem Bibelvers aus Johannes 17, der auch der gemeinsame Leitspruch der CVJMs weltweit ist. Meine Kleingruppe trifft sich praktischerweise bei uns zuhause und die Leute sind richtig cool. Von uns Volontären ist außer mir noch der Tobi in der gleichen Gruppe und die andern geben sich ziemlich Mühe so langsam zu sprechen, dass wir sie auch halbwegs verstehen, meistens jedenfalls:) Insgesamt werden wir überall im CVJM total liebevoll aufgenommen und die Leute bemühen sich sehr um uns und versuchen uns immer gleich total zu integrieren. So bekommen wir die besten Orte gezeigt wo man abends weggehen kann, wir werden auf jeden Geburtstag eingeladen und 1000 Leuten vorgestellt.

Meine Mitarbeiterkleingruppe:

rechts unten: mein Gastpapa Dante, Ich, meine Gastschwester Giannina und meine Gastmama Elisa

So jetzt seid ihr auch mal wieder ein bisschen auf dem Laufenden:) Allgemein geht es mir richtig gut, auch wenn ich zuhause natürlich immer mal wieder seehr vermisse, vor allem die Schokoolaade:) und natürlich meine liebe Familie und meine ganzen tollen Freunde:) ich hoffe euch gehts allen gut und ich hör mal hin und wieder was von dem einen oder anderen, was alles so passiert im kalten Deutschland.


Bis dahin alles Liebe


que dios los bendiga:)


eure Sarah

Freitag, 11. September 2009

Eine kleine Vorbemerkung zu meinem ersten Blogeintrag:)
Weil ihr so viele verschiedene Leute seid, die mich aus so vielen verschiedenen Ecken meines Lebens kennen, also Familie, Schule, CVJM... wird es wahrscheinlich nicht möglich sein, meine Berichte so zu schreiben, dass alle Infos für euch gleich interessant sind:) Wenn ihr noch Fragen oder Anmerkungen habt, freue ich mich von euch eine Mail zu bekommen (Sonst natürlich auch:) Viel Spaß beim Lesen:)



Ich bin daaaa:). Nach langer Vorbereitung, vielen und ziemlich herzzerreißenden Abschieden und einem endlos langen Flug sind wir (meine Mitvolontäre Teresa, Anne, Julia, Hannah, Tobi, Steffen, Laura, Consti und ich) am 29. September 2009 in Lima angekommen.
Hier werden wir die nächsten 12 Monate im peruanischen CVJM in den verschiedenen Bereichen, wie der Jungschar- und Jugendarbeit, den sozialen Hilfsprogrammen in den Armenvierteln oder in einer der drei CVJM-Schulen mitarbeiten.
Die ersten zwei Wochen wohnen wir jetzt erstmal im CVJM (7 Mädels und 14 Taschen in einem Zimmer sind manchmal eine echte Herausforderung für jeden von uns:)), bekommen alles gezeigt, werden überall vorgestellt und letzten Mittwoch hat auch unser Sprachkurs angefangen (Zum Glück denn mein Spanisch ist irgendwie noch grottiger als ich dachte:)).
Auch wenn ich gerade noch ein bisschen mit der Essensumstellung zu kämpfen habe (irgendwie vertrage ich das Essen hier in der Cafeteria noch nicht so ganz:)) und auch wenn es immer wieder Momente gibt in denen ich ziemlich Heimweh habe, bin ich nach nun fast zwei Wochen Lima auch innerlich in meiner neuen Heimat angekommen.
Auch wenn ich noch nicht so genau weiß, was so alles auf mich zu kommt und wo ich genau mitarbeiten werde, freue ich mich schon total darauf, dass es endlich losgeht und wir hier richtig mitmischen können:)
Das Leben hier im CVJM unterscheidet sich um Einiges von dem in irgendeinem deutschen CVJM: überall geht hier fett die Party ab, aus den 15 verschiedenen Tanzsäälen dröhnen Salsa und Merengue- Musik gemischt mit dem Power- Kampf-Techno der Tae-Bo-Gruppe, überall rennen Kinder in CVJM-Trainingsanzügen rum, die hier in die Schule gehen, und draußen vor unserem Fenster hört man gerade das Geschrei der Seniorenvolleyball-Gruppe, die sich gegenseitig mit „abuelo“ (Großvater) und „tío“ (Onkel) beschimpfen:)
Auch wenn man hier durch die Straßen geht ist es ähnlich, seien es die 1000 verbeulten Autos, die an jeder Rechts-vor-links-Kreuzung hupen bevor sie ohne zu schauen drüberbrettern, seien es die Polizeisirenen, die Autoalarmanlagen oder die Salsa-Musik in den vollgestopften Bussen, ganz Lima ist voll von den verschiedensten und meistens ziemlich lauten Geräuschen:).
An sich ist das hier voll meine Welt, da ich ja selbst nicht wirklich zu den stillsten Menschen gehöre und ich genieße die große Offenheit und Freundlichkeit der Menschen, die uns hier meistens sehr überschwänglich begrüßen.
Letzten Donnerstag waren wir das erste Mal in „Independencia“, einem Stadtteil von Lima, in dessen Armenvierteln der CVJM seit mehreren Jahren Kinder- und Frauengruppen anbietet und auch durch den Bau von kleinen Arztpraxen und Toiletten, versucht die medizinische und hygienische Situation zu verbessern. Wir haben dort eine Frauengruppe besucht, wo sich jede Woche ungefähr 20 Frauen treffen und dort gemeinsam verschiedene Arten von Handarbeit erlernen und ihre Fähigkeiten weiter ausbauen. Das Ziel ist, dass sie so später auch in anderen Firmen arbeiten und damit ihre Familien versorgen können. Außerdem können die Frauen ihre Kinder mitbringen, es wird dort zusammen gesungen und es werden Spiele gespielt und es gibt jedes Mal eine kleine Andacht. Besonders hat mich die Geschichte einer Frau berührt, die erzählt hat, dass sie hier gelernt hat, dass sie auch etwas Wert ist, obwohl sie nur eine Frau ist und, dass sie sich auch mittlerweile wieder selbst im Spiegel anschauen kann und weiß, dass sie so gut ist wie sie ist. Mir ist klargeworden, was für ein großes Glück es ist, in Deutschland aufwachsen zu dürfen, wo man auch als Frau von klein auf ein gesundes Selbstbewusstsein entwickeln kann. Und ich habe gemerkt wie wichtig dieses Selbstverständnis ist, weil die Frauen hier nur nicht aus ihrer von familiärer Gewalt geprägten Welt ausbrechen können, weil sie glauben, dass sie als Frauen nicht das Recht haben sich zu wehren. Der Besuch dort hat mich sehr angerührt und ich hoffe, dass ich dort mitarbeiten kann, weil ich glaube, dass der CVJM dort eine sehr wertvolle Arbeit macht.
Es gibt auch noch andere tolle Projekte, die wir in den letzten Tagen kennengelernt haben, wie zum Beispiel die Arbeit des CVJMs im „Centro“ Limas , einem eher armen und ziemlich kriminellen Stadtteil von Lima, wo sich um Kinder gekümmert wird, die auf der Straße arbeiten. Aber davon werde ich das nächste Mal erzählen, weil ihr sonst noch 10 Seiten mehr lesen dürft und das dann vielleicht doch ziemlich viel auf einmal wird:)
Vorgestern hab ich meine Gastfamilie kennengelernt, bei der ich auf jeden Fall bis Januar wohnen werde, je nachdem ob ich dann in Lima bleibe oder zu einem der anderen Projekte in Arequipa oder Trujilio wechsle. Ich bin total glücklich so ne tolle Familie abbekommen zu haben, mein Gastpapa Dante ist supernett, meine Gastmama ist genauso Tee-süchtig wie ich und wir haben drei Katzen:) Auch meine beiden Gastschwestern scheinen voll in Ordnung zu sein, bin mal gespannt, wie sich das alles entwickelt:)

Ein weiteres Highlight war, als wir letzte Woche bei einem WM-Qualifikationsspiel zwischen Peru und Uruguay dabei waren und so hautnah die heißblütige Mentalität:) der Peruaner miterleben durften. Peru hat zum Glück gewonnen und sind wir mit jede Menge begeisterter Peruaner auf unseren Plätzen auf und ab hüpfen:) Alles in allem ein seehr cooles Erlebnis.

Also wie gesagt, es geht mir hier eigentlich richtig gut, ich hoffe mein Magen gewöhnt sich irgendwann an die neuen Umstände hier und ich hoffe, dass ich mit meinem Spanisch nicht absolut untergehe, wenn demnächst die Arbeit anfängt:)

Ich wollte mich nochmal für die ganzen lieben Abschiedsworte und –geschenke bedanken, es ist toll zu wissen, dass ihr an mich denkt und/ oder für mich betet. Ihr sollt wissen, dass ich oft an euch denke und mich immer freue zu hören, wie es euch geht.
Diejenigen von euch die wollen, können gerne dafür beten, dass ich mich hier gut eingewöhne, das mein Magen sich irgendwann einkriegt:) und natürlich auch für die Stadt und die Arbeit hier. Hier springt einem quasi die Armut ins Gesicht und es ist wirklich noch viel Veränderung nötig.

Also das war erstmal ein erster Eindruck von meinem neuen Leben auf dem anderen Kontinent:) ich werde versuchen mich demnächst ein bisschen kürzer zu fassen, damit ihr, keine 2 Stunden zum lesen braucht:)

Alles liebe und fühlt euch umarmt

un abrazo

Sarah